Sehr geehrte Damen und Herren,
Erding mag vielleicht nicht der Nabel der Welt sein. Doch für viele von Ihnen dürfte es sich lohnen, einen Blick zu uns zu werfen – in eine oberbayerische Herzogstadt von bald 40 000 Einwohnern, rund 30 Kilometer östlich der Landeshauptstadt München und etwa auf halber Strecke zwischen ihr und ihrem Flughafen im Erdinger Moos gelegen. Denn bei uns vollzieht sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine Entwicklung, die weit über die Region München hinaus beispielgebend sein kann. Der Anlass: Eine der größten Konversionsflächen Deutschlands mit etwa 380 Hektar Fläche, nachdem Ende 2024 der Fliegerhorst Erding seinen Betrieb endgültig eingestellt hat. Zusätzliche Bedeutung erhält das Projekt durch den S-Bahn-Ringschluss, die direkte Anbindung Münchens per Gleis an den Flughafen. Der dazu nötige neue Erdinger Bahnhof mit dem Knotenpunkt und der Verbindung zur Bahnstrecke München – Mühldorf („Walpertskirchener Spange“) entsteht in der Konversionsfläche.
Dass erhebliche wirtschaftliche Erwartungen mit Konversion und S-Bahn-Ringschluss verknüpft sind, muss ich an dieser Stelle nicht betonen. Da die neue Bahnstrecke den gesamten südostbayerischen Raum an den Flughafen anbindet, birgt sie enormes Potenzial. Gerade aus dem Grund stellt sie die kommunalen Gremien und politischen Entscheidungsträger vor Ort aber auch vor besondere Herausforderungen. Erstens dürfen wir uns nicht vom unbeherrschbaren Zuzugsdruck in die Region treiben zu lassen. Obwohl die Auswüchse der Immobilienmärkte in München und seinem Umland regelmäßig für Schlagzeilen sorgen, dürfen sinnvolle architektonische und stadtplanerische Lösungen nicht wirtschaftlichen Ansätzen und Renditehoffnungen geopfert werden. Die Entwicklung muss Qualität aufweisen, was konkret bedeutet: Menschen sollen hier gerne (zusammen)leben, ohne in verschiedene soziale Gruppen auseinanderzudriften.
Eine zentrale Rolle spielt zweitens der demographische Wandel. Um einer zunehmend älteren Bevölkerung das Leben zu ermöglichen, benötigt unsere Stadt ein attraktives ÖPNV-Angebot, benötigen wir wohnortnahe und leicht zu erreichende Freizeitangebote von Sportflächen bis zu einem weiteren Stadtpark. Der Kern zu einem umweltfreundlichen Quartier liegt in dem Ansatz bereits begründet.
Und drittens gilt es schließlich, den von der Demographie bedingten Fachkräftemangel im Hinterkopf zu behalten. Weil bereits heute personelle Engpässe bei Planern, Bau- und Handwerksbetrieben die stringente Umsetzung der Konversion bedrohen könnten, erlangen wohnortnahe Arbeits- und Ausbildungsplätze essentielle Bedeutung. Flächen, um Betriebe anzusiedeln, sehen die bisherigen Entwürfe vor. Außerdem würde eine neue Universität oder Fachhochschule das ansonsten umfassende Bildungsangebot Erdings abrunden. Mit dem Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe der Bundeswehr verfügt die Stadt bereits über einen bedeutenden Anknüpfungspunkt.
Sie sehen: Durchdachte und abgewogene Lösungen sind gefragt. Ich freue mich auf die Anregungen von Fachleuten und den Austausch mit kommunalen Kollegen. Von einer gelungenen Entwicklung profitieren am Ende alle, nicht nur wir in Erding.
Max Gotz
Oberbürgermeister der Stadt Erding