
Im Rahmen der aktuellen Ausgabe des dba Magazins – Metropolregion Berlin hatte die dba Redaktion die Gelegenheit, mit Herr Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor des Landesdenkmalamtes Berlin, über die Herausforderungen und Chancen des Denkmalschutzes in der Hauptstadt zu sprechen.
Im Interview gibt er spannende Einblicke in seine Arbeit, die Bedeutung historischer Bauten für die Stadtentwicklung und die Balance zwischen Denkmalschutz, Klimaschutz und nachhaltigem Bauen. Er zeigt auf, welche Trends sich in den letzten Jahren entwickelt haben und welche Aufgaben die Denkmalpflege in einer stetig wachsenden Metropole wie Berlin bewältigen muss.
[dba Redaktion] Sehr geehrter Herr Dr. Rauhut, wir freuen uns sehr, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit uns ein Interview über Ihre Arbeit und Perspektiven zu führen. Berlin ist eine Stadt voller Geschichte, geprägt von einem einzigartigen architektonischen Erbe. Gleichzeitig steht die Hauptstadt als größte Metropole Deutschlands vor besonderen Herausforderungen, wenn es um Stadtentwicklung und Denkmalschutz geht.
Zum Einstieg würden wir gerne mehr über Ihre individuelle Sichtweise erfahren. Was begeistert Sie am Denkmalschutz, insbesondere in der größten Metropole Deutschlands?
[Herr Dr. Rauhut] Denkmale sind gebaute Geschichte und zugleich Teil unseres Alltags. Mich begeistert es, dieses Spannungsfeld zu gestalten: Welche Gebäude oder auch Parks stehen für unsere Geschichte? Wie wollen wir diese erhalten? Und wie wollen wir sie weiterentwickeln? Solche Fragen in der Hauptstadt beantworten zu dürfen, ist für mich eine zugleich wirklich besondere wie auch verantwortungsvolle Aufgabe.
[dba Redaktion] Der persönliche Bezug zu bestimmten Denkmälern kann den Blick auf die Ihre Arbeit prägen. Gibt es ein denkmalgeschütztes Bauwerk, das Ihnen besonders am Herzen liegt? Wenn ja, warum?
[Herr Dr. Rauhut] Alle Berliner Denkmale sind mir natürlich gleich wichtig! Denn nur gemeinsam erzählen sie von der Vielfältigkeit unserer Stadt. Im Arbeitsalltag werde ich immer wieder mit neuen Orten und Geschichten konfrontiert, dies ist für mich der besondere Charme meiner Arbeit.
[dba Redaktion] Berlin wandelt sich stetig. Dieser Wandel betrifft sicherlich auch den Denkmalschutz. Wie hat sich der Denkmalschutz in Berlin in den letzten Jahren entwickelt und welche Trends beobachten Sie derzeit?
[Herr Dr. Rauhut] Langweilig wird es wirklich nicht, da wir viele aktuelle Themen haben! Zum Beispiel haben wir uns in den letzten Jahren sehr intensiv mit dem Erbe der 70er und 80er in Ost- wie auch West-Berlin beschäftigt. Oder der Frage, wie wir Denkmalschutz und Klimaschutz noch besser zusammenbringen. Und zugleich versuchen wir natürlich auch, uns als Denkmalbehörde fortwährend zu modernisieren, ob über die Digitalisierung unserer Arbeit oder die Erschließung neuer Fachthemen.

[dba Redaktion] Lassen Sie uns nun einen Blick auf konkrete Herausforderungen werfen. In welchen Gebieten oder bei welchen Gebäudetypen ist der Denkmalschutz in der Hauptstadt besonders gefordert?
[Herr Dr. Rauhut] Ein besonderer Fokus unserer Arbeit liegt auf den so genannten schlafenden Riesen. Also Gebäuden wie dem ICC oder dem Mäusebunker, die wir in den letzten Jahren auch als Denkmale eingetragen haben, die aktuell aber nicht in Nutzung sind. Solche Gebäude wieder der Stadt zurückzugeben, sie wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sie mit Leben zu füllen, ist mir ein besonderes Anliegen.
[dba Redaktion] Der Schutz von Denkmälern steht oft im Spannungsfeld mit anderen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen. Wie gehen Sie mit den Spannungen zwischen Denkmalschutz und den Anforderungen an nachhaltiges Bauen oder Klimaschutz um?
[Herr Dr. Rauhut] Denkmalschutz ist eine auf Langlebigkeit ausgerichtete Disziplin. Insofern teilen wir viele Ziele mit dem Klimaschutz und bieten auch Ansätze für nachhaltige Lösungen im Bestand. Zugleich schauen wir aber auch darauf, wie wir in der Praxis entsprechende Anforderungen besser zusammen kriegen. Zum Beispiel haben wir einen Solarleitfaden erstellt, der zeigt wie und auf welchen Denkmalen PV-Anlagen möglich ist.
[dba Redaktion] Die Zusammenarbeit mehrerer Akteure ist entscheidend, um effektiv arbeiten zu können. Gibt es Bereiche, in denen es Ihrer Meinung nach Verbesserungen bei der Zusammenarbeit zwischen Denkmalschutzbehörden, Investoren und der Öffentlichkeit geben sollte?
[Herr Dr. Rauhut] Der frühzeitige Austausch ist das beste Instrument, um späteren Konflikten vorzubeugen. Insofern werbe ich immer dafür, dass man nicht erst einen Antrag stellt und dann den Austausch sucht. Gemeinsam Lösung zu finden, führt meist zu schnelleren Ergebnissen. Dazu zählt natürlich auch, die Öffentlichkeit zu informieren und ggf. zu beteiligen.
[dba Redaktion] Denkmalschutz ist auch eine Aufgabe der Öffentlichkeit. Darum interessiert uns: Welche Initiativen oder Veranstaltungen bietet das Landesdenkmalamt Berlin an, um den Denkmalschutz für die Öffentlichkeit greifbarer zu machen?
[Herr Dr. Rauhut] Das wichtigste Datum im Denkmalkalender ist der Tag des offenen Denkmals. Denn hier präsentieren sich nicht nur die Denkmale, sondern auch Eigentümerin und Eigentümer, Handwerker und Handwerkerinnen – eben alle, die beteiligt sind. In Berlin zählen wir fast 100.000 Besucher an diesem Wochenende. Und natürlich haben wir über den Jahresverlauf viele weitere, sehr unterschiedliche Formate, um im Austausch zu bleiben.
[dba Redaktion] Abschließend möchten wir Ihnen die Möglichkeit geben, Ihre Botschaft an die Berlinerinnen und Berliner zu richten.
[Herr Dr. Rauhut] Berlin ist Denkmalmetropole! Als Berliner und Berlinerin können wir auf unser Erbe stolz sein und zugleich ist es auch eine Verantwortung. Denn es steht sowohl für den Glanz und die Leistung dieser Stadt wie auch Fehler unserer Geschichte. Was mich immer wieder freut: dass es viele Initiativen und Vereine gibt, die sich für unser Erbe und dessen Erhalt und Vermittlung einsetzen.
[dba Redaktion] Herr Dr. Rauhut, wir danken Ihnen herzlich für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihren Projekten!
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