Stadtentwicklung in Cottbus/Chóśebuz und der Lausitz | Im Rahmen des dba Magazins – Ausgabe Metropolregion Berlin thematisiert Tobias Schick, Oberbürgermeister von Cottbus/Chóśebuz, in einem Vorwort die aktuelle Stadtentwicklung.

Cottbus/Chóśebuz, die Hauptstadt der Lausitz steckt mitten im Wandel. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung kam es zu einem markanten Strukturbruch durch die Stilllegung zahlreicher Tagebaue und Produktionsstätten in kurzer Zeit, was spürbare Veränderungen – auch für die Stadtgesellschaft – nach sich zog. Den neuerlichen Strukturwandel im Zuge des Kohleausstiegs nach 2018 dabei nicht quasi ohnmächtig zu durchleben, sondern aktiv als Chance nutzen zu können, ist eine der großen Aufgaben. Allein mit räumlichen Bezug zur Stadt Cottbus/Chóśebuz werden Projekte mit mehr als 5 Mrd.€ in den nächsten Jahren umgesetzt, darunter in folgenden Schwerpunkten:
Die Deutsche Bahn errichtet in Cottbus/Chóśebuz das modernste Bahnwerk Europas. Bis 2026 werden dabei neue hochwertige Arbeitsplätze in der Instandhaltung von ICE und Umrüstung von Dieselloks auf Hybridtechnik entstehen. In diesem Zusammenhang soll auch das Schienennetz in der Lausitz umfassend modernisiert, ausgebaut sowie die Taktung verbessert werden. Das alles an einem Standort, der noch vor fünf Jahren mit seinen Industriearbeitsplätzen komplett geschlossen werden sollte.
Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg BTU hat sich schnell zum Motor für Innovation und Garant für neue Wertschöpfungsketten entwickelt. Hier studieren etwa 7.700 Studierende aus mehr als 140 Nationen. Die BTU spielt eine der Hauptrollen im Strukturwandelprozess. Mit mehr als 420 ha Entwicklungsfläche bildet der Lausitz Science Park LSP einen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort als Pendant zum Standort Adlershof im Innovationskorridor Berlin-Lausitz.
In Cottbus/Chóśebuz soll als besonderes Schwerpunktprojekt des Strukturwandels die universitäre Medizinerausbildung und ein digitales Leitkrankenhaus etabliert werden. Die Medizinische Universität Lausitz Carl Thiem (MUL CT) weist durch seine einzigartige und innovative Profilierung vielversprechende Entwicklungsperspektiven auf und wird eine Lücke in der medizinischen Forschung in Deutschland schließen.
Einen weiteren Impulsgeber für die Stadtentwicklung wird es mit der Wiedernutzbarmachung des ehemaligen Braunkohlentagebaus Cottbus-Nord geben. Dieser ist als Cottbuser Ostsee mit 19 km² zum größten künstlichen Binnensee Brandenburgs gewachsen. Mit dem Hafenquartier und der Seevorstadt werden grüne Zukunftsquartiere in Wassernähe entstehen und neue Impulse für die Stadt- und Wirtschaftsentwicklung setzen.
Cottbus/Chóśebuz liegt im Raum, zwischen Berlin, Dresden, Leipzig sowie 30 km vor der polnischen Grenze und somit zum Eingang in den transeuropäischen Raum. Die bessere infrastrukturelle An- und Einbindung nach Osten ist eine weitere große Aufgabe der kommenden Jahre. Städte in der Lage und Größe wie Cottbus/Chóśebuz werden künftig nicht nur (wieder) eine wesentlich wichtigere Rolle im Ausgleich der oft gegensätzlichen Stadt-Land-Entwicklungen sein, sondern schon aufgrund ihrer Größe gleichzeitig Richtungsgeber sind für Zukunftsthemen wie Net Zero Valley und Handlungsansätze in Reallaboren.
Erst der Strukturwandel selbst schafft den Kommunen und der Lausitz selbst dabei die Möglichkeit, die Chance auf Wachstum und die so wichtige Stabilität wahrzunehmen. Dabei bleibt mit dem Kohleausstiegsgesetz ein enges Zeitfenster mit enormem Handlungsdruck, die Vielzahl von Strukturwandelprojekten mit der gebotenen Qualität umzusetzen. Diese Prozesse gehen nur im Zusammenschluss und mit guter gezielter Kommunikation, da Planungen und vorbereitende Maßnahmen reell oft noch nicht sichtbar sind. Es ist eine einmalige Chance. Vor 10 oder 20 Jahren hätten die wenigsten daran geglaubt, Teil einer Gewinnerregion zu sein.
Tobias Schick
Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chóśebuz