Etwa 25.000 Schiffe transportierten im Jahr 2020 rund 73,8 Millionen Tonnen Güter durch den Nord-Ostsee-Kanal. Die meistbefahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt ist längst zu einer Lebensader des europäischen Güterverkehrs geworden. Da die beiden großen Schleusenkammern der Schleuse in Brunsbüttel seit 1914 durchgehend in Betrieb sind, wurden Grundinstandsetzungsmaßnahmen dringend notwendig.
Um die erforderlichen Maßnahmen durchführen zu können, müsste jeweils eine Schleusenkammer für mehrere Jahre gesperrt werden. Das würde jedoch erhebliche zeitliche und finanzielle Verluste für die Berufsschifffahrt bedeuten. Auch die Umwelt würde zusätzlich belastet, denn mit der Abkürzung durch den Nord-Ostsee-Kanal lassen sich etwa 16 bis 20 Stunden Fahrzeit einsparen.
Umfassende Voruntersuchungen haben ergeben, dass der Bau einer 5. Schleusenkammer in Brunsbüttel zwischen den beiden bestehenden Schleusen sowohl wirtschaftlich als auch technisch die beste Lösung ist. So wurde im Jahr 2007 die Planung für den Neubau einer 5. Schleusenkammer genehmigt. Sieben Jahre später wurden nach umfangreichen Planungen die Aufträge in einer europaweiten Ausschreibung mit zwei Losen erteilt.
Die 5. Schleusenkammer besteht – genau wie die anderen Schleusenkammern in Brunsbüttel – aus drei wesentlichen Bauteilen. Den beiden Schleusenhäuptern: (1) Außenhaupt und (2) Binnenhaupt sowie der (3) Schleusenkammer. Die neuen Schleusentore und die zu ihrem Transport benötigten Hebepontons (schwimmende Stahlkonstruktionen, die quasi als „Schwimmflügel“ für die Tore fungieren) entstehen in einer Emdener Werft und kommen dann auf dem Wasserweg zu ihrem Einsatzort nach Brunsbüttel.
Die 5. Schleusenkammer wird genauso breit wie die vorhandenen beiden großen Schleusenkammern. Das hat nach der Grundinstandsetzung der großen Schleuse Vorteile: Bei Bedarf können die vorhandenen Reservetore in jeder Kammer eingesetzt oder die Schie- betore zwischen den Kammern ausgetauscht werden. Die neue Schleusenkammer wird zudem 20 Meter länger als die bestehenden großen Kammern und bietet dadurch noch mehr Platz für Schiffe.
Bauphase der 5.Schleusenkammer
Parallel zu den Planungen und Untersuchungen für den Neubau wurde das zukünftige Baufeld freigemacht. Das alte Kraftwerksgebäude musste weichen. Unter anderem entstanden daraufhin ein neues Betriebsgebäude und ein neuer Versorgungstunnel. Weiterhin musste der elbseitige Vorhafen durch die Verlängerung der Mole 2 an die neuen Anforderungen der Schifffahrt angepasst werden.
Während die beiden Schleusenhäupter aus massivem Stahlbeton bestehen, werden die Wände der 5. Schleusenkammer in Spundbauweise mit einem Stahlbetonüberbau errichtet und die Kammersohle als verankerte Unterwasserbetonsohle eingebaut. Darüber hinaus werden Wände und Sohle mit rund 2.000 Düsenstrahlpfählen gegen Erddruck, Wasserdruck und Auftrieb verankert. Die neuen Schleusentore und die zu ihrem Transport benötigten Hebepontons werden in Sektionsbauweise gefertigt und nach der Endmontage in Emden nach Brunsbüttel transportiert.
Die Perspektive: Sanierung ohne Behinderungen
Ist die 5. Schleusenkammer in Brunsbüttel fertiggestellt, können die sanierungsbedürftigen großen Schleusenkammern nacheinander grundinstandgesetzt werden. Der Schiffsverkehr kann dabei ungestört weiter fließen.
Geplante Fertigstellung:
2026
Gesamtkosten:
1,2 Milliarden Euro
Nutzlänge:
330 m
Nutzbreite:
42 m
Drempeltiefe bei NHN:
14 m
Gesamtbodenvolumen:
ca. 1,7 Mio m³
Gesamtbetonvolumen:
ca. 115.000 m³
Gesamtspundwandmasse:
ca. 25.000 t
Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Nord-Ostsee-Kanal
Arbeitsgemeinschaft aus Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, BAM Civiel bv Gouda (NL)