Sieben Landes-Bauministerinnen und -minister: „Leitplanken“ zum Gebäudeenergiegesetz führen in den Straßengraben

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Sieben Landes-Bauministerinnen und -minister von CDU/CSU und FDP kritisieren das Vorgehen der Bundesregierung zum Gebäudeenergiegesetz. Auf Grundlage eines zweiseitigen „Leitplanken“-Papieres kann kein geordnetes Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden. Das geplante Hauruckverfahren überfordert nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die demokratischen Strukturen und Abläufe. Das Gebäudeenergiegesetz soll am 7. Juli 2023 im Bundesrat abgestimmt werden. Vorher sind ordentliche Ausschussberatungen nicht mehr möglich. Da derzeit die eigentlichen Änderungen am Gesetzestext nicht bekannt sind, können die Auswirkungen nicht beraten geschweige denn auf ihre Sinnhaftigkeit hin geprüft werden.

Angesichts der Bedeutung des Gebäudeenergiegesetzes für über 80 Millionen Menschen in Deutschland plädieren die sieben LandesBauminister dafür, die Beratungen nach der parlamentarischen Sommerpause ordentlich fortzuführen. Des Weiteren stellen die Landes-Bauministerinnen und -Minister von Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein klar, dass nur das Zusammenberaten von Gebäudeenergiegesetz und kommunaler Wärmeplanung Sinn ergebe, weil das eine Gesetz Auswirkungen auf das andere Gesetz hat.

Zitate der Landesminister:innen:

Nicole Razavi © Lena Lux Fotografie & Bildjournalismus

Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg: „Das monatelange Hickhack um das Heizungsgesetz hat Hausbesitzer, Wohnungseigentümer, Mieter und Kommunen massiv verunsichert. Das war und ist Gift in einer Situation, in der wir mehr denn je bezahlbaren Wohnraum brauchen und der Wohnungsbau mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Und noch immer sind wichtige Fragen völlig ungeklärt. Sollte jetzt der Gesetzentwurf im Schweinsgalopp durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht werden, ginge das erneut zu Lasten der Qualität und würde das Misstrauen und die Abwehrhaltung der Bürger gegenüber dem neuen Gesetz weiter verstärken. Deshalb muss jetzt gelten: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“

Christian Bernreiter © StMB/Atelier Krammer

Christian Bernreiter, Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr des Freistaat Bayern: „Die Bundesregierung unterschätzt vollkommen die aktuell schwierige Lage der Bau- und Wohnungsbranche. Im ländlichen Raum sind zum Beispiel kurz- und mittelfristig massenhafte Anschlüsse an Fernwärme weder wirtschaftlich noch logistisch umsetzbar. Dauernd weitere Pflichten und Auflagen ins Spiel zu bringen, schafft nur Verunsicherung und die Menschen fühlen sich zu Recht gegängelt. Natürlich müssen wir beim Klimaschutz vorankommen, dürfen aber das Augenmaß nicht verlieren! Aus der Klimakrise darf keine Sozialkrise werden.“

Guido Beermann © Nils Hasenau

Guido Beermann, Minister für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg: „Die Wärmewende ist ein wichtiger Baustein, um unsere ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Dabei müssen wir vor allem die Menschen mitnehmen. Die Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz hat die Angst der Bürgerinnen und Bürger vor einer finanziellen Überforderung durch Klimamaßnahmen weiter befeuert. Gute Politik geht anders. Wir müssen die Verunsicherung der Betroffenen ernst nehmen. Auch wenn mit der Verknüpfung von Wärmewende und kommunaler Wärmeplanung beim Gebäudeenergiegesetz jetzt endlich ein erster Schritt zu einer praxisnahen Umsetzung getan ist, bleibt der Entwurf ein unvollständiges Stückwerk. Viele Fragen zur Förderung der Wärmewende sind nicht hinreichend geklärt. Fragwürdig ist auch die Verfahrenspraxis des Bundes: So hat der Bundesrat nicht die erforderliche Zeit, den Gesetzentwurf vernünftig zu prüfen. Anstatt sich über Monate einen Schlagabtausch zu liefern, hätte die Bundesregierung ihre Energie besser für eine vernünftige Abstimmung verwenden sollen.“

Ina Scharrenbach © Land NRW / Ralph Sondermann

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen und Sprecherin der B-Länder bei der Bauministerkonferenz: „Nur mit Leitplanken kann man die gemeinsame Straße Richtung Energiewende im Gebäudebereich nicht fahren, sondern landet im Straßengraben. Die vorgelegten zwei Seiten bieten keine vernünftige Grundlage für ein weiteres gesetzgeberisches Verfahren. Die Bundesregierung als reitender Bote schmeißt im Galopp ein Papier ab. Das hat nichts mit einer ordentlichen Gesetzgebung zu tun. Zudem brauchen die Bürgerinnen und Bürger Sicherheit, Verlässlichkeit und wirtschaftliche Machbarkeit. Aber auch die Länder und Kommunen brauchen Planbarkeit. Kommunale Wärmeplanung ist super, kommunale Energieplanung noch besser. Doch bei der Umsetzung lässt die Bundesregierung viele Fragen, besonders die der Finanzierung, offen.“

Thomas Schmidt © Fotoatelier Klemm

Thomas Schmidt, Staatsminister für Regionalentwicklung des Freistaat Sachsens: „Ich habe mich im Bundesrat für realistische und vernünftige Fristen für den Heizungsaustausch sowie für sozialverträgliche Übergangs- und Ausnahmeregelungen eingesetzt. Wie die Bundesregierung mit solchen Vorschlägen der Länder umgeht, bleibt nebulös. Das nunmehr laufende Gesetzgebungsverfahren ist deshalb regelrecht grotesk. Im Bundestag werden Experten zu einem Gesetzentwurf angehört, während mit sogenannten ‚Leitplanken‘ schon erhebliche Änderungen auf den Weg gebracht wurden. Die Hektik, mit der das Gesetz noch vor der Sommerpause durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden soll, ist alles andere als ein geordnetes demokratisches Verfahren. Wie sollen das die Menschen im Land verstehen, denen mit dem Gesetz hohe Lasten aufgebürdet werden?“

Dr. Lydia Hüskens © MID

Dr. Lydia Hüskens, Ministerin für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalts: „Wir brauchen ein ordentliches und strukturiertes Verfahren. Das Ziel stellt dabei niemand in Frage. Klar muss aber sein, dass die künftigen gesetzlichen Regelungen sowohl bürokratiearm als auch datensparsam sind. Zudem ist es elementar, dass beide Vorhaben gemeinsam beraten werden, um Wechselwirkungen beider Vorhaben berücksichtigen zu können. Der neue Zeitplan lässt hinreichend Zeit für die notwendigen Beratungen.“

Dr. Sabine Sütterlin-Waack © Frank Peter

Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Ministerin für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport des Landes Schleswig-Holstein: „Die Energiewende im Gebäudesektor kann nur gelingen, wenn Effizienz und Energieversorgung unter Beachtung der regionalen und lokalen Anforderungen miteinander gedacht und umgesetzt werden. Es ist daher zwingend notwendig, das Gebäudeenergie- und das Wärmeplanungsgesetz mit der nötigen Sorgfalt aufeinander abgestimmt zu entwickeln.“