Drolshagen – Gleich zwei Jubiläen feiert die KLEMM Bohrtechnik GmbH in diesem Jahr: Seit 25 Jahren ist die Firma innerhalb der BAUER Gruppe der Spezialist für die Entwicklung und Fertigung von Ankerbohrgeräten sowie Zubehör. Genau 60 Jahre reicht zudem die Geschichte des Unternehmens zurück.
Wie alles begann
Um Bohr- und Sprengarbeiten zur Gewinnung von Gesteinsmaterial für den Bau eines Staudamms durchzuführen, gründete Günter Klemm 1963 die KLEMM Bohrtechnik GmbH. In den Anfangsjahren konzentrierte man sich auf Sprenglochbohrungen in Steinbrüchen und im Straßenbau sowie auf Injektionsbohrungen zum Abdichten von Talsperren. Schnell begann das Unternehmen damit, Einzelteile der Bohrausrüstung, wie Bohrkronen und Bohrgestänge, für den Eigenbedarf selbst herzustellen.
Die Firma entwickelte sich zu einem Spezialisten für Überlagerungsbohrungen. Das Verfahren kommt im Spezialtiefbau häufig bei der Rückverankerung von Baugruben zum Einsatz. Um die vielen Aufträge noch schneller und besser zum Erfolg zu führen, arbeiteten die Mitarbeiter ständig an der Verbesserung des Bohrequipments. Der Fokus verlagerte sich immer stärker hin zur Entwicklung von Bohrgeräten und Bohrzubehör.
Ein Meilenstein war 1967 erreicht: Günter Klemm erfand eine Vorrichtung zum Überlagerungsbohren. Er kombinierte einen Tieflochhammer mit einem drehschlagenden Überlagerungsbohrsystem sowie den Spül- mit einem Auswurfkopf. Dieses Prinzip verbesserte den Bohrkleinaustrag deutlich und ist bis heute der Stand der Technik.
Von der Bohrfirma zum Bohrgerätehersteller
Konstruktionszeichnungen aus dem Jahr 1970 belegen, wie weit Klemm den Wandel vom Bohr- zum Maschinenbauunternehmen bereits damals vollzogen hatte. 1972 gab man den Bohrbetrieb ganz auf. Zu diesem Zeitpunkt präsentierte das Unternehmen den ersten hydraulischen Bohrhammer – eine bahnbrechende Innovation. Der hydraulische Bohrhammer steigerte die Leistung signifikant und verbesserte die Energieeffizienz im Vergleich zu konventionellen Druckluftverfahren deutlich. Über die Details zur neuen Ankerbohrtechnik informierte sich Günter Klemm bei Dr. Karlheinz Bauer. Schon damals zeigte dieser ein erstes Interesse an einem Erwerb von Klemm.
Das Hauptgeschäft bestand nun im Verkauf von Bohrgestängen, Bohrzubehör und weiterentwickelten Spülköpfen, insbesondere für das Überlagerungsbohren. Das Überlagerungsbohren entwickelte Klemm kontinuierlich weiter – bis hin zu Doppelkopfbohranlagen, die einen Hydraulikhammer für das Bohrgestänge mit einem Drehantrieb für das Außenrohr kombinierten. Dank dieser Technologie hat sich das Überlagerungsbohren als Standardbohrverfahren im Spezialtiefbau weltweit etabliert.
In den siebziger Jahren entwickelte Klemm seinen ersten Hydraulikhammer mit Drehantrieb, den S30. Die Systeme KB 40-B und KB 40-O lösten in der Folge die bislang im Markt vorherrschenden druckluftbetriebenen Tieflochhämmer ab. 1974 präsentierte man ein Bohrgerät mit dieselhydraulischem Antrieb, Raupenfahrwerk und beweglicher Bohrlafette, der Bohrgerätetyp KR 800 war geboren.
Auch zahlreiche wichtige Patente meldete Klemm in den 1970er Jahren an, z. B. zur Frequenzsteuerung des Schlagkolbens sowie zur Schutzschaltung des Druckspeichers. Auf diese Weise sicherte das Unternehmen seine Pionierstellung im Markt ab. Aus einem kleinen Unternehmen für Sprenglochbohrungen war ein global aufgestellter Spezialist für die Entwicklung und Fertigung innovativer Bohrsysteme für den Spezialtiefbau geworden.
Die 1980er Jahre
1980 verkaufte Klemm die ersten Felsbrecher KB 5000. Darauf folgte eine ganze Baureihe. Bei den Bohrgeräten war man mittlerweile beim Typ KR 501 angelangt. Für Sprenglochbohrungen im Steinbruchbetrieb entwickelte Klemm die Baureihen KR 901 mit Hydrauklikhammer und KR 1001 mit Kabine, Kompressor, Gestängemagazin, Imlochhammer und Entstaubung. Ein Highlight war 1981 eine Tauchglocke, die mit einem Drehantrieb für Kernbohrungen ausgerüstet war. Mit dieser Anlage wurden vor der Küste Neufundlands in 160 m Wassertiefe Erkundungs- und Sprenglochbohrungen zur Verlegung eines Telefonkabels vorgenommen.
Mit den ersten Doppelkopfbohranlagen mit Hydraulikhammer schlug die Geburtsstunde des Bohrgeräts KR 806. Eine neue Auslegerkinematik ermöglichte nun auch niedrige Bohransatzpunkte. Hydraulische Bohrgeräte und der Hydraulikhammer hatten im Spezialtiefbau mittlerweile eine dominierende Rolle eingenommen und endgültig die druckluftbetriebenen Bohrgeräte abgelöst. Anfang der 80er Jahre begann auch der Bau von Kelly-Pfahlbohrgeräten sowie der zugehörigen Bohrausrüstung mit Kellystangen, Schnecken- und Kastenbohrwerkzeugen. 1983 wurde das erste Pfahlbohrgerät GH 80 ausgeliefert.
Wiedervereinigung – Bauboom und Konjunktureinbruch
1989 wurde Klemm von der amerikanischen Ingersoll-Rand-Gruppe übernommen. Im Bauboom nach der Wiedervereinigung führten vor allem Bauprojekte in Berlin zu einer hohen Nachfrage nach Technik und Gerätschaften von Klemm. 1990 stieg Klemm in die Entwicklung von Geräten für Wärmesondenbohrungen ein. Auch das Geschäft mit Richtbohranlagen und Richtbohrgestängen nahm Fahrt auf. Nachfolger der GH-Pfahlbohrgeräte war das leichte Universal-Pfahlbohrgerät KB 3010. Dessen Unterwagen besaß teleskopierbare Rundführungen, der Mast einen Zahnstangenvorschub und im Oberwagen waren die Winden angeordnet. Damit hatte sich Klemm aus der Abhängigkeit von den Baggerherstellern befreit. Eine schwierige Phase begann Mitte der neunziger Jahre mit dem Nachlassen der Sonderkonjunktur nach der Wende. Klemm musste sein Personal reduzieren, Auslandsniederlassungen wurden geschlossen.
Klemm und Bauer
Mitten in dieser Krise erwarb 1998 Bauer die Firma Klemm und ordnete die Geschäfte neu. Seither ist das Unternehmen innerhalb der BAUER Gruppe der Spezialist für Ankerbohrgeräte und Zubehör. Teil der Restrukturierungen war, dass Klemm den Vertrieb von Pfahlbohrgeräten aufgab, während in Schrobenhausen der Vertrieb von Ankerbohrgeräten eingestellt wurde. So bündelten die ehemaligen Wettbewerber ihre Synergien.
Ein Highlight: 2004 erhielt Klemm den Auftrag, vier große, automatisierte Sprengloch-Bohranlagen für den Ausbau des Panamakanals zu liefern. In Panama wurden sie auf einer schwimmenden Bohrplattform aufgebaut und in Betrieb genommen. Später war dann auch am Ground Zero in New York ein Bohrgerät von Klemm im Einsatz.
2005 begann man mit der Entwicklung eines Vibrationsantriebs. Der erste Linearvibrationsantrieb wurde 2007 im Baustelleneinsatz erprobt. Mit dem Aufkommen der noch leistungsstärkeren, schweren Rotationsvibrationsantriebe sind inzwischen neue Bohrtechnologien und Trägergeräte entwickelt worden. 2007 lieferte Klemm eine KR 709-1C nach China, wo oberflächennahe Kohlebrände gelöscht werden mussten. Das Gerät bewährte sich unter den extremen Einsatzbedingungen mit großer Hitze. China orderte drei weitere Geräte.
Alternative Antriebe
Heute sind es elektrische Antriebskonzepte und smarte Maschinenfunktionen, die den Weg in die Zukunft weisen. Die batterieelektrische KR 806-3E ist Klemms Beitrag zur Dekarbonisierung. In diesem Gerät steckt die bewährte Technik der KR 806-3GS – dieselbe Kinematik und die Adaptierung derselben leistungsstarken Doppelkopfbohrsysteme und Hydraulikhämmer, allerdings als elektrohydraulische, emissionsfreie Variante. Im Vergleich zur dieselhydraulischen Variante gibt es keine Einschränkungen bei der Leistung und Anwendung. Dank ausgereifter Technik und robuster Bauweise werden Klemm-Systeme unter fast allen Bedingungen weltweit eingesetzt, z. B. bei Gründungs- und Sicherungsarbeiten, bei der Anlage von Verkehrsstraßen über und unter Tage, bei Staudammabdichtungen und bei der Erschließung regenerativer Energien.