Quelle: StMB

Runder Tisch zur Baukonjunktur - Bauministerium und Baubranche suchen gemeinsamen Weg aus der Krise

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Bauminister Christian Bernreiter hat zu einem Runden Tisch zur Baukonjunktur in Bayern nach München ins Bauministerium geladen. Vertreter der Baubranche suchen unter dem Motto „Gemeinsam aus der Krise“ mögliche Wege.

  • Schwierige Rahmenbedingungen führen zu hohen Baukosten und Baustopps
  • Jetzt alle Reserven mobilisieren, Wohnbau-Booster nutzen und Bauland mobilisieren
  • Bernreiter: „Können nur gemeinsam Erfolge erzielen, Bund muss seinen Anteil leisten“

Jede Woche gibt es neue Negativmeldungen aus der Bauwirtschaft. Die Aufträge im Bauhauptgewerbe sind in den ersten vier Monaten des Jahres um fast 17 Prozent gesunken, die Aufträge im Wohnungsbau im Vergleich zum vergangenen Jahr sogar um 40 Prozent. Doch der Bedarf an Wohnraum ist hoch. Bayerns Bauminister Christian Bernreiter hatte daher Vertreter der Baubranche unter dem Motto „Gemeinsam aus der Krise“ zu einem Runden Tisch zur Baukonjunktur nach München ins Bauministerium geladen. Heute wurden die Ergebnisse im Rahmen einer Pressekonferenz gemeinsam mit Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT), Hans Maier, Verbandsdirektor Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern), und Andreas Eisele, Präsident des Landesverbands Bayern des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), vorgestellt.

„Unser Ziel ist, gemeinsam einen Einbruch in der Baubranche zu vermeiden“, so Bernreiter. „Jetzt gilt es alle Wohnungsbaureserven konsequent zu nutzen. Wir als Freistaat leisten unseren Anteil, der Bund darf nicht länger abseitsstehen“, macht Bernreiter deutlich. „Vor allem gezielte Steuererleichterung wie die degressive Afa, eine Länderöffnungsklausel für die Grunderwerbsteuer und deutliche Ausweitung der KfW-Programme können jetzt den kurzfristig dringend notwendigen Konjunkturschub bringen.“

Fünf Männer stehen beim runden Tische der Baukonjunktur in Bayern an Rednerpulten vor einem Hintergrundbanner, das das Logo des Bayrischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr zeigt
Hans Maier, Verbandsdirektor Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern), Andreas Eisele, Präsident des Landesverbands Bayern des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Bayerns Bauminister Christian Bernreiter, Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., und Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT) (v.l.n.r.). Quelle: StMB

Unterbrochene Lieferketten, gestiegene Energiepreise, Inflation, Zinssteigerungen, Fachkräftemangel und drastisch gekürzte Förderungen des Bundes sind aktuell die größten Herausforderungen für die Baubranche. Sie führen nicht nur zu Baukostensteigerungen, sondern teilweise sogar zum Baustopp, vor allem beim Wohnungsbau. „Dieses Thema begleitet mich seit meinem Amtsantritt“, so Bernreiter. „Mit dem Wohnbau-Booster haben wir als Freistaat Anfang des Jahres wichtige Maßnahmen ergriffen, um einem Einbruch in der Baubranche entgegenzuwirken. 2023 stehen uns in Bayern zum ersten Mal mehr als eine Milliarde Euro für Wohnraumförderung zur Verfügung. Im Ministerrat haben wir erst im Juli noch einmal bei einigen Rahmenbedingungen zur Ankurbelung speziell des Wohnungsbaus nachgeschärft und weiteren Wohnungsbau als Nachnutzung von staatlichen Liegenschaften initiiert.“ Bernreiter appelliert an alle Bauherren, diese guten Möglichkeiten staatlicher Förderung jetzt zu nutzen.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. ergänzt: „Wir brauchen dringend mehr Wohnraum, und zwar zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten. Angesichts des immensen Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels müssen deutlich mehr Wohnungen gebaut werden als heute. Menschen, auf deren Mitarbeit wir in den Unternehmen, in der Forschung, in der Pflege und in zahlreichen weiteren Bereichen angewiesen sind, kommen und bleiben nur, wenn sie hier bezahlbaren Wohnraum vorfinden. Bei rund 174.000 Beschäftigten im bayerischen Baugewerbe geht es auch um einen wichtigen Beitrag zu regionaler Wertschöpfung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen. Besonders wichtig ist der Bau von Mitarbeiterwohnungen. Unternehmen könnten hier viel beitragen, stoßen aber heute auf massive Hindernisse und Förderdefizite. Das muss ausgeräumt werden.“

„Die Kapazitätsauslastung und die Reichweite der Bestellungen im bayerischen Bauhauptgewerbe schrumpfen spürbar. Dank hoher Auftragsbestände und nachlassender Lieferprobleme ist die Beschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch vorerst gesichert. Im Ausbaugewerbe stabilisieren die Nachfrage nach Sanierungen und vor allem nach neuen Heizungen und Solaranlagen die Branchenkonjunktur“, berichtet BHT-Präsident Franz Xaver Peteranderl. Er fordert vor allem Anreize für gewerbliche Investoren im Wohnungsbau und private Bauherren sowie eine Wiedereinführung der degressiven AfA. „Der Bund muss die energetische Neubauförderung deutlich erhöhen. Temporär könnte es auch sinnvoll sein, wieder EH 55 zu fördern und nicht nur EH 40. Zudem braucht es dringend steuerpolitische Anreize wie zum Beispiel die Senkung beziehungsweise Aussetzung der Grunderwerbsteuer, um die Baukonjunktur wieder anzukurbeln. Denkbar ist auch ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Bauleistungen mit Rückerstattung durch das Finanzamt“, betont Peteranderl.

Der Freistaat Bayern ist und bleibt ein Zuwanderungs-Magnet: Allein im Jahr 2022 lag der Wanderungsgewinn bei über 222.500 Personen. Der Wohnungsbau kann mit dieser Entwicklung nicht mithalten. Der aktuelle Rückgang bei den Neubauzahlen sorgt für steigende Mieten. „Deshalb brauchen wir einen starken Schub für den Wohnungsbau auf allen Ebenen,“ sagt VdW Bayern-Verbandsdirektor Hans Maier. Beim geförderten ebenso wie beim freien Mietwohnungsbau und im Eigentumssegment. Für ein deutliches Wachstum beim geförderten Wohnraum brauche es mehr und vor allem stetige Fördermittelzuflüsse. Hier seien der Bund und der Freistaat gefordert. Außerdem fordert der VdW Bayern wirkungsvolle Maßnahmen, um die stetig steigenden Baukosten einzudämmen. „Die Deregulierung muss endlich Realität werden“, sagt der Verbandschef. Technische Regeln sollten ein nachhaltiges und wertiges Basisniveau beschreiben.

„Wir als private, freie und mittelständische Immobilienwirtschaft freuen uns, dass Staatsminister Bernreiter und das Ministerium den Ernst der Lage erkannt haben und gemeinsam mit der Immobilienwirtschaft gegensteuern möchten. Zur Überwindung der aktuellen Krise braucht es unserer Meinung nach zwei Säulen. Die erste Säule muss aus langfristig und verlässlich angelegten aktiven Fördermaßnahmen bestehen. Die zweite Säule muss passiven Fördermaßnahmen in Form von steuerlichen Anreizen wie dem Aussetzen der Grunderwerbsteuer beim Erwerb des ersten selbst genutzten Wohneigentums beinhalten“, so BFW-Präsident Eisele.

Eine besondere Bedeutung kommt laut dem Bauminister in der aktuellen Situation auch den drei staatlichen Wohnungsbauunternehmen Stadibau, BayernHeim und Siedlungswerk Nürnberg zu, die bis Ende 2023 rund 25.800 Wohnungen in Bestand, Bau, Planung oder Entwicklung haben werden. Auch der Straßenbau ist eine tragende Säule der Bauwirtschaft: 2022 hat der Freistaat erstmals mehr als 400 Millionen Euro in Erhalt und Ausbau der Staatsstraßen und der Radwege an Staatsstraßen investiert. Für 2023 stehen sogar 450 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Rekord!

Mögliche Ansatzpunkte zur Unterstützung der Baubranche mit ihren tausenden Arbeitsplätzen sieht Bernreiter auch in weiteren Erleichterungen beim Bauplanungsrecht: „Gerade im ländlichen Raum haben wir noch Flächenpotenzial. Die Planungshoheit liegt bei den Kommunen, aber wir können die Rahmenbedingungen verbessern: Beschleunigte und digitale Planungsverfahren, mehr Möglichkeiten für Befreiungen bei Bestandsplänen und die Senkung von Hürden bei der Schließung von Baulücken für Wohnungsbauvorhaben sind Möglichkeiten, die Bayern im Bundesrat eingebracht hatte.“

Darüber hinaus appelliert Bernreiter an den Bund, die Menschen nicht weiter mit undurchdachten Schnellschüssen wie dem sogenannten Heizungsgesetz zu verunsichern, sondern stattdessen mit steuerrechtlichen Erleichterungen und einer verlässlichen Förderung zu entlasten: „Dieses Jahr hat der Bund für KfW-Förderung nur knapp zwei Milliarden Euro bereitgestellt. Nötig wären mindestens 10 Milliarden Euro. Nur gemeinsam können wir die Baukonjunktur wieder ankurbeln. Hier muss jeder seinen Beitrag leisten und den sehe ich beim Bund noch nicht.“