Auch in Mittelstädten ist die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum als Teil einer gelingenden Stadtentwicklung eine der zentralen Herausforderungen

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Manfred Wagner
Oberbürgermeister Wetzlar
© Stadt Wetzlar

Auch in Mittelstädten ist die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum als Teil einer gelingenden Stadtentwicklung eine der zentralen Herausforderungen
Von Manfred Wagner, Oberbürgermeister der Stadt Wetzlar

Wenn über das Thema der Wohnraumversorgung diskutiert und publiziert wird, dann stehen in aller erster Linie die Metropolen im Fokus. Doch auch in Mittelstädten, wie dem hessischen Wetzlar, ist diese Aufgabenstellung eine der zentralen Fragen der Daseinsvorsorge.
Die Dynamik der Entwicklung und die Quantitäten mögen im Vergleich zu Großstädten eine andere sein, doch wird die grundsätzliche Ausgangslage einer Vergleichbarkeit standhalten.

Eingebettet in ein eher ländlich strukturiertes Umfeld verspürt Wetzlar, ehemals die größte Garnisonsstadt in Hessen, mit seinen oberzentralen Funktionen eine verstärkte Nachfrage nach Wohnraum – sei es das Baugrundstück für das Familienwohnhaus, sei es die Eigentumswohnung, oder aber die bezahlbare Wohnung im Geschosswohnungsbau.

Diese Entwicklung wird nicht nur durch ein gegenüber früheren Jahrzehnten verändertes Haushaltsbildungsverhalten bestärkt, sondern auch durch eine nachhaltig positive Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Wetzlar. Als dem Zentrum Deutschland der optischen Tech-nologien neben Jena und Oberkochen und als Stadt mit einem modernen Stahlwerk in ihren Mauern, aber auch vielen Mittelständlern, oftmals Weltmarktführer in ihrem Beritt, ist die Wohnraumversorgung mit ihrem Bezug zur Sicherung des Fachkräftebedarfes für Wetzlar von zentraler Bedeutung.

Abseits von Fragen der Flächenverfügbarkeit, denen ich mich noch zuwenden werde, will ich nur an dieser Stelle meine vor Ort immer wieder kommunizierte Erwartung einbringen, dass Unternehmen sich auch wieder verstärkt dem Gedanken der Investition in Werkswohnungen zuwenden sollten. Die Betreuung der Wohnungen kann durch Wohnungsunternehmen orga-nisiert und mit den Kommunen kann in verschiedenen Fragestellungen, so zum Beispiel der Bereitstellung von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung, kooperiert werden. Dieser „Drei-klang“ (Beruf, Wohnung, Kita) vermag – auch ob des gegenüber den Ballungsräumen noch relativ günstigeren Mietniveaus – dazu beitragen, junge Menschen an die Region zu binden.

In Wetzlar haben wir unter Nutzung von Städtebauförderprogrammen, wie zum Beispiel „Sozialer Zusammenhalt“ (Soziale Stadt), oder dem Stadtumbauprogramm, in den zurückliegen-den zwei Jahrzehnten gemeinsam mit den Wohnungsunternehmen herausgehoben in die Aufwertung der baulichen und sozialen Infrastruktur in einzelnen Stadtbezirken investiert. Neben Neubauten als Nachverdichtungsvorhaben sind im Wege der grundhaften Bestandssa-nierung zusätzliche Wohnungen entstanden und die Objekte barrierefrei erschlossen worden. Zudem werden Wohnungsbauflächen im Rahmen der Konzeptvergaben bereitgestellt.

Ob der Zeit- und Kostenfrage gewinnt das serielle Bauen an Bedeutung.

Denn gerade die aktuelle Entwicklung der Erstellungskosten – sie unterscheidet sich in Mittel-städten kaum von den benachbarten Ballungsräumen – gefährdet die Möglichkeit, bezahlba-ren oder gebundenen Wohnraum bereitzustellen.
Diese Entwicklung erfordert zudem auch ein Überdenken der staatlichen Wohnungsbauförderung.

Zum einen lassen sich über zinsverbilligende Instrumente aktuell kaum wirksame Effekte erzielen. Zum anderen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Mittelstädte in einem länd-lich strukturierten Umfeld trotz allem Engagement, die Verkehrswende voranzutreiben, in stärkerem Maße durch den Individualverkehr geprägt sind, als die Ballungsräume mit ihrem umfassenden Angebot an öffentlichen Beförderungsangeboten. Damit sind nach wie vor auch Stellflächen für den motorisierten (elektrifizierten) Individualverkehr einzuplanen, die den vermeintlichen Vorteil eines günstigeren Bodenpreises aufwiegen.

Bevorzugt in den verdichtet bebauten Quartieren entwickeln wir mit den Gesellschaften des städtischen Unternehmensverbundes nachhaltige Mobilitäts- und Energieversorgungskon-zepte (Nahwärmeversorgung) und bringen sie zur Umsetzung. Der flächendeckende Glasfa-serausbau durch den städtischen Energieversorger steht nicht nur für diese Quartiere, son-dern für die die gesamte Stadt auf der Agenda.

All dies folgt dem Grundsatz „Innen vor Außen“. Doch setzen dabei die Auswirkungen auf das Stadtklima, die Stadterwärmung, aber auch die Sicherung der natürlichen Retentionsräume einer Stadt, die von zwei Flüssen durchzogen wird, zu beachtende Eckpunkte. Ganz zu schweigen von der Akzeptanz, die man sich in einer Mittelstadt für das bodenschonende Bauen in die Höhe immer wieder aufs Neue erarbeiten muss.

Und wenn es um die Frage der Nutzung von Freiflächen geht, dann spielen auch in Wetzlar die Aspekte des Bodenschutzes (die Stadt verfügt über ein aktuelles Bodenschutzkonzept), der Biotopvernetzung, der Sicherung der landwirtschaftlichen Produktionsflächen in der gesamten Gebietskulisse eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Auch aus diesen Gründen nehmen wir uns in der vor uns liegenden Zeit einmal mehr der zukunftsfähigen Entwicklung unserer mittelalterlichen Altstadt, die Grundlage für die Anerken-nung Wetzlars als einer von elf hessischen Tourismusorten ist, an. Dies wird in einem breit angelegten Beteiligungsprozess erfolgen und gewiss als ein zentrales Thema die Mobilisie-rung von Wohnraum in historischem Umfeld zum Inhalt haben.

Unter Wahrung der historischen Bausubstanz stehen auch wir vor der Aufgabe, seit Jahren nicht mehr genutzte Wohnräume oberhalb von Einzelhandels- und Gastronomiebetrieben im Miteinander mit den Eigentümerinnen und Eigentümern aktuellen Anforderungen entsprechend verfügbar zu machen und dabei den Charakter der Altstadt als urbanen Lebens- und Begeg-nungsraum für alle Bevölkerungsgruppen zu erhalten.

Dieser Streifzug durch die aktuellen, mittel- und langfristigen Anforderungen an die städtebau-liche und wohnungswirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt ist ob der Interdependenzen, aber auch der benötigten Ressourcen – sei es finanzieller als auch personeller Art – gewiss herausfordernd.

Doch wenn Bund und Land eine attraktive Rahmensetzung betreiben, wenn die Inanspruchnahme bereitstehender und auch zukünftig bereitzustellender Fördermittel nicht durch die Ausweitung administrativer Anforderungen erschwert und damit unattraktiv wird, wenn den Kommunen die erforderliche „Beinfreiheit“ gewährt wird, dann können mit den Netzwerken die vor Ort bestehen und gepflegt werden, nachhaltige Beiträge erbracht werden, um die Lebendigkeit und den Lebenswert unserer Städte, so auch der Dom- und Goethestadt Wetzlar, zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Manfred Wagner
Oberbürgermeister der Stadt Wetzlar