Als einer der größten Schalenbauten Europas ist die Alsterschwimmhalle von Horst Niessen, Rolf Störmer, Walter Neuhäusser und Jörg Schlaich ein Wahrzeichen der Hamburger Nachkriegsmoderne. Das Betonschalendach aus zwei hyperbolischen Paraboloidschalen, die von drei Stützfüßen getragen werden, erinnerte die Hamburger:innen damals an die Oper in Sydney – und wird seitdem liebevoll Schwimmoper genannt. Eine umfassende Sanierung samt Umbau und Erweiterung der Alsterschwimmhalle wurde von 2020 bis 2023 umgesetzt. Das spektakuläre Schalendach, der riesige Innenraum mit dem 50-Meter-Becken und die Glasfassaden wurden erhalten. Gleichzeitig wurden die Sporteinrichtungen erstmals zusammenhängend neugestaltet und um zeitgemäßen Angebote ergänzt. Unter dem Dach musste fast alles verändert werden, um dessen visionäre Geste aus den 1970er-Jahren unverändert erhalten zu können.
Das 50-Meter-Becken, der 10-Meter-Sprungturm und der sogenannte „Fitness-Kubus“ an der Ostseite der Alsterschwimmhalle blieben mit wenigen Eingriffen erhalten. Die alte, kaum noch genutzte Tribüne neben dem Becken wurde hingegen abgebrochen, um Platz für ein neues, separates Sprungbecken zu schaffen. Auch der Ergänzungsbau im Norden wurde abgerissen und durch einen ein- beziehungsweise zweigeschossigen Neubau ersetzt. Dort entstanden ein neues 25-Meter-Schwimmbecken und ein Kursbecken, ein barrierefreier Eingangsbereich sowie Umkleiden, Fitness- und Saunabereiche. Insgesamt wurde die bisherige Wasserfläche um rund ein Viertel vergrößert, gut die Hälfte der gesamten Innenfläche wurde neu gebaut.
Das Schalendach
Auf einer Grundfläche von 4.500 Quadratmetern schwingt es sich – nur 8 Zentimeter dünn, von drei Diagonalstützen gehalten – an den Spitzen 24 Meter weit in die Höhe. Zwei der drei Stützenfundamente sind durch ein Zugband unterhalb des Schwimmbads verbunden. Mit Spannweiten von bis zu 96 Metern zählt das Dach der Alsterschwimmhalle in Hamburg bis heute zu den weltweit größten seiner Art. Dass die Schale auch nach 50 Jahren Nutzungszeit noch weitestgehend intakt war, spricht für die hohe Planungs- und Ausführungsqualität des Gebäudes. Nach heutigen baurechtlichen Vorschriften dürfte das Schalendach so nicht mehr gebaut werden. Solange es aber nicht verändert wird, genießt es Bestandsschutz und steht inzwischen auch unter Denkmalschutz. Im Vorfeld der Sanierung entwickelten sbp und gmp ein Konzept, das den Erhalt der Dachschale bei gleichzeitiger Modernisierung des Schwimmbades ermöglichte.
Die große Herausforderung hinsichtlich der Statik bestand darin, Teile des alten Schwimmbades abzureißen und neu zu bauen, ohne dabei das bestehende Dach zu verändern oder durch die Bauarbeiten zu sehr zu erschüttern: So durfte das Zugband zwischen den Fundamenten nicht berührt werden und musste während der gesamten Bauarbeiten ständig überwacht werden. Bei zu großen Erschütterungen des Bandes wurde Alarm ausgelöst, und die Baustelle war sofort zu evakuieren, wie früher das Schwimmbad. Dies geschah während der Abrissarbeiten manchmal mehrfach am Tag.
In enger Abstimmung bezüglich des Denkmalschutzes wurde im Rahmen des Umbaus eine neue Dämmung für das Dach der Alsterschwimmhalle festgelegt und ein Kathodisches-Korrosionsschutz-System (KKS) installiert, welches das Dach mit Schwachstrom gegen Korrosionsschäden durch das aufsteigende Chlor, die hohe Luftfeuchtigkeit und warmen Temperaturen im Schwimmbad schützt. Um die originalen Aluminium-Fachwerkstützen der Glasfassade erhalten zu können, wurde statt der üblichen Dreifachverglasung, die für die alten Stützen zu schwer geworden wäre, eine Zweifachverglasung für die Glasfassade gewählt. Zudem entwickelten gmp, sbp und die Implenia Fassadentechnik ein neues, zulassungsfähiges Teleskop-Kolben-Auflager als beweglichen Anschlusspunkt zwischen Fassade und Dach, um die Schwingungen der Dachflächen ausgleichen zu können.
Die Technik
Im Technikkeller der Alsterschwimmhalle befinden sich die Wasseraufbereitungsanlagen, bestehend aus Schwallwasserbehältern, Filterbehältern, Pumpen, Rohrleitungen und Wärmetauscher für die insgesamt sechs Schwimmbecken. Unterhalb des Sprungbeckens liegt die Trinkwassererwärmung für das gesamte Schwimmbad.
Insgesamt 14 lüftungstechnische Anlagen sind in der Alsterschwimmhalle installiert. Allein die Sportschwimmhalle wird von vier Geräten mit jeweils 30.000 m³/h versorgt. Die Lüftungsgeräte sind circa sechs Meter hoch und wurden über den nördlichen Einbringschacht in Einzelteilen ins Gebäude transportiert. Im Keller wurden einige Teile mithilfe von Gabelstaplern an die vorgegebenen Stellen gebracht und dort montiert.
Die gesamte Alsterschwimmhalle wird über das Fernwärmenetz der Stadt Hamburg beheizt, bei dem der fossile Anteil der Wärmeversorgung gering ist. Sämtliche technischen Antriebe sind mit Frequenzumformern zur bedarfsgerechten Regelung ausgestattet, so dass sie möglichst wenig Strom verbrauchen. Außerdem haben alle Lüftungsanlagen eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung mit Wirkungsgraden von über 80 Prozent. Die Abwärme, die bei der Kühlung der Fitnessräume entsteht, wird genutzt, um die Schwimmhalle zu beheizen. Auch das nicht mehr benötigte Beckenwasser wird entwärmt und danach so weit aufbereitet, dass es in das Regenwassersiel eingeleitet werden kann. Neben den Lüftungsanlagen verbraucht auch die Wasseraufbereitung der einzelnen Schwimmbecken viel Energie. Deshalb kommen hier wassersparende Niederdruck-Filteranlagen zum Einsatz. Sie haben einen hohen Aufbereitungsgrad und bieten auch hinsichtlich der Hygienevorgaben Vorteile durch Mehrschichtfiltration.
Dieses Projekt teilen:Bauzeit (ursprünglich):
1968 – 1973
Sanierung:
2020 – 2023
Nutzungsart:
Schwimmbad
Bäderland Hamburg GmbH
gmp International GmbH