Stadtentwicklung Pforzheim - Die Stadt macht sich klimafit

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Peter Boch
Oberbürgermeister Stadt Pforzheim
© Stadt Pforzheim

Am Rande des Nordschwarzwalds zwischen Stuttgart und Karlsruhe gelegen, nimmt Pforzheim nicht nur topographisch eine zentrale Funktion ein. Die Großstadt an Enz, Würm und Nagold ist auch Zentrum der Wirtschaftsregion Nordschwarzwald, die sich durch eine der höchsten Industriedichten Baden-Württembergs auszeichnet. Wir schätzen uns glücklich, als Hochschul- und Wissensstandort Nachwuchskräfte und Impulsgeber für Stadt und Region anzuziehen und zu binden. Als Sitz der Schmuck- und Uhrenindustrie seit 1767 ist Pforzheim weit über die Landesgrenzen als „Goldstadt“ bekannt. Mit der Goldschmiedeschule mit Uhrmacherschule beherbergen wir in unserer Stadt eine in ihrer Ausrichtung europaweit einmalige Ausbildungsstätte, worauf wir sehr stolz sind.

Doch auch Pforzheim muss sich den großen Themen unserer Zeit stellen: Wo und wie werden wir künftig wohnen? Wie können bestehende und neu zu schaffende Quartiere nachhaltig geplant und gestaltet werden? Wie können wir unsere Stadt an die Folgen des Klimawandels anpassen? Bei all unseren stadtplanerischen Entscheidungen müssen wir diese Fragen im Hinterkopf behalten und zugleich das Wohl der Allgemeinheit beachten. Wohnraum muss für alle bezahlbar bleiben. Gleichzeitig sind Klimaanpassungsstrategien und energieeffizientes Bauen wichtige Paradigmen der Stadtentwicklung. Bezahlbares Wohnen und eine klimaresiliente Stadt sind große Herausforderungen, die innovative Planungskonzepte erfordern.

Als beliebter Wohnort innerhalb der hiesigen Wirtschaftsregion steigt auch in unserer Stadt der Wohnraumbedarf. Es ist unsere Aufgabe als Stadtverwaltung, auf die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt zu reagieren. Wir gehen von einem Bedarf an circa 600 Wohneinheiten pro Jahr aus. Um diesen Bedarf zu decken, haben wir bereits im Jahr 2019 ein „Initiativprogramm Wohnen“ verabschiedet, das den Pforzheimer Wohnungsmarkt vollumfänglich beleuchtet und daraus Handlungsempfehlungen und Maßnahmen ableitet.
Im Jahr 2021 haben wir in Pforzheim so viele Wohnungen genehmigt, wie seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr. Wir haben uns es zum Ziel gesetzt, aktiv den Wohnungsmarkt mitzugestalten und Pforzheim als liebens- und lebenswerte Stadt im Bewusstsein der Bürgerschaft zu verankern.
Der Wandel, der sich durch Gesellschaft und Arbeitswelt zieht, beispielsweise unsere demografische Entwicklung sowie die Etablierung von Homeoffice, ändert auch die Anforderungen an Wohnformen. Im Bewusstsein dessen haben wir in Pforzheim begonnen, neue Quartiersformen zu schaffen und städtebauliche Maßstäbe zu setzen. So ergänzt beispielsweise eine Mixed-Use-Immobilie mit Nahversorgung, Kindertagesstätte und seniorengerechtem Wohnen ein bestehendes Quartier.

Wie in vielen anderen Städten sind auch in Pforzheim die bebaubaren Flächen knapp. Um auf die Bedarfe reagieren zu können, müssen wir neue Bauplätze möglichst effizient nutzen sowie bestehende Flächen strategisch entwickeln. So entsteht ein weiteres Bauprojekt mit Leuchtturmfunktion am Pforzheimer Stadtrand: CARL – das derzeit höchste Holzhochhaus Süddeutschlands mit 14 Geschossen. Mit CARL schaffen wir in innovativer Bauweise ein ästhetisches Holz-Hybrid-Haus, also ein Holzhochhaus mit massivem Kern, das den höchsten energetischen wie auch ökologischen Ansprüchen entspricht. Dabei wird vor allem regionales Holz verbaut. Es entstehen 73 Wohnungen, auch eine Kindertagesstätte ist im Gebäudeensemble geplant.

Als Oberbürgermeister ist es mir ein großes Anliegen, eine Stadt für Menschen zu gestalten. Die Lebens- und Aufenthaltsqualität in einer Stadt sind wichtige Standortfaktoren, die wir weiter steigern möchten. Daher treiben wir auch die Entwicklung unserer Innenstadt voran. Im Herzen Pforzheims entwickeln wir ein neues, lebendiges Quartier, in dessen Entwicklungsprozess wir die Stadtgesellschaft bei einer offenen Planungswerkstatt einbeziehen. So stellen wir die Interessen der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern in den Vordergrund. Daran schließt sich mit den Schlossberghöfen ein weiterer wichtiger Baustein im Stadtzentrum an. Auf 9.500 Quadratmetern Gebäudegrundfläche entstehen ca. 140 Wohnungen, zwei Kindertagesstätten, Nahversorgung und Einzelhandel, gastronomische Angebote, Kulturraum sowie das Technische Rathaus. Das Stadtviertel soll zu einem neuen Wohlfühlort in Pforzheim werden.

Nicht zuletzt sorgen auch die Auswirkungen des Klimawandels für neue Herausforderungen bei der Stadtentwicklung. Von Jahr zu Jahr verzeichnen wir Temperaturrekorde, auch Hochwasserereignisse und Starkregenfälle begleiten uns immer öfter. Städtebauliche Strukturen mit hoher Dichte, versiegelten Bodenflächen und einem geringen innerstädtischen Grünraumanteil tragen dazu bei, dass sich Städte im Sommer stark aufheizen und durch Wärmespeicherung in Beton, Asphalt und Stein keine nächtliche Abkühlung mehr stattfinden kann. Um dem entgegenzuwirken, müssen klimafreundliches Bauen sowie die Entwicklung hin zu einer klimaresilienten Stadt als weitere Paradigmen der Stadtplanung gelten. Daher haben wir es zu unserer Aufgabe gemacht, nicht nur bezahlbaren, sondern zugleich auch ökologischen Wohnraum zu schaffen.

Um uns schon heute besser an die Folgen des Klimawandels anzupassen, haben wir einen Maßnahmenkatalog entwickelt. Dieser bezieht verschiedene Disziplinen – von der Stadtplanung bis zum Hochbau – ein, um unsere Stadt zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Wir haben uns als Ziel gesetzt, Pforzheim bis 2050 zu einer energetisch nachhaltigen und grünen Stadt zu machen. Mit der Unterzeichnung der neuen Zielvereinbarung des Europäischen Konvents der Bürgermeister haben wir als Stadt Pforzheim öffentlichkeitswirksam unsere politische Willensbekundung zur verstärkten kommunalen Klima- und Energiepolitik bestätigt. Die neue Zielvereinbarung fordert die lokalen Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger dazu auf, ihre Klimaziele zu erhöhen und ihre mittel- und langfristigen Maßnahmen zu intensivieren. Das gemeinsame Ziel: Den weltweiten Temperaturanstieg unter 1,5 Grad zu halten. Dadurch sollen europäische Bürgerinnen und Bürger bis zum Jahr 2050 in klimaneutralen, kohlenstoffarmen und resilienten Städten leben und Zugang zu bezahlbarer, sicherer und sauberer Energie haben.

Auf dem Weg dahin wollen wir in Pforzheim kurz- wie auch langfristig angelegte Projekte realisieren. So soll beispielsweise die Begrünung von Gebäudefassaden vorangetrieben werden, die eine entscheidende Rolle in der Anpassung an Klimafolgen einnehmen wird. Fassadenbegrünung trägt einerseits im Sommer zur Kühlung bei und kann andererseits im Winter eine dämmende Wirkung entfalten. Gelungene Beispiele sehen wir in Pforzheim bereits an unserem Hebel-Gymnasium.
Um unsere Stadt klimafit zu machen, treiben wir die Mobilitätswende in Pforzheim voran und entwickeln neue Angebote als Alternative zum Auto. Im vergangenen Jahr haben wir Ideen für Mobility Hubs entwickelt, die weit mehr als Parkhäuser sein sollen. Vom Zug oder Auto auf das (E)-Bike oder den E-Scooter wechseln, Besorgungen erledigen, Wartezeiten im Café verbringen oder gleich einen der Co-Working-Spaces nutzen – all das und vieles mehr soll in den Mobilitätszentren möglich sein und neues Leben in die Quartiere bringen.

Doch Klimaschutz und Folgenanpassung kann nur gemeinsam gelingen. Als Stadtverwaltung können wir Vorreiterin sein und Voraussetzungen schaffen, doch wir wollen auf dem Weg zu einer klimafitten Stadt auch unsere Bürgerschaft einbinden. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie es uns zusammen gelingt, dringend benötigte Mobilitäts- und Wohnkonzepte in enger Zusammenarbeit mit Planerinnen und Planern, Architektinnen und Architekten zu entwickeln, um unsere Städte zukunftsweisend aufzustellen und zugleich den sozialen Zusammenhalt der Stadtgesellschaft zu stärken.

Peter Boch
Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim