Stadtentwicklung in Neu-Ulm

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Katrin Albsteiger
Oberbürgermeisterin Stadt Neu-Ulm
© Stadt Neu-Ulm

Sehr geehrte Damen und Herren,

Neu-Ulm, die junge und moderne bayerisch-schwäbische Stadt, hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung durchlaufen. Die Bevölkerungszahl ist beinahe exponentiell gestiegen – um 13% innerhalb eines Jahrzehnts, von 54.000 auf über 61.000 Hauptwohnsitze Ende 2021. Dies ist nicht nur auf die hohe Lebensqualität im gemeinsamen, grenzüberschreitenden Oberzentrum Ulm/Neu-Ulm sondern auch auf die attraktive Lage der beiden Städte und die wirtschaftliche Situation vor Ort zurückzuführen. Nun gilt es, in allen Bereichen der Stadtentwicklung mit dieser Veränderung Schritt zu halten.

Eine Vielzahl von Menschen zieht es dabei auch zurück in die Innenstadt, um hier zu wohnen, zu arbeiten, einzukaufen oder ihre Freizeit zu verbringen. Zuletzt ist eine Vielzahl von attraktiven Projekten realisiert worden, die durch ihren integrativen Städtebau und eine ambitionierte Architektur das Erscheinungsbild der Stadt nachhaltig prägen. Das Stadtbild hat sich in dieser Zeit an vielen Stellen verändert, ist urbaner geworden.

Doch so sehr der Fokus auch auf der städtebaulichen Nachverdichtung liegen mag und mit den Außenbereichsflächen sehr sorgsam umzugehen ist: Die Nutzung innerörtlicher Potentiale allein wird den Wohnflächenbedarf und die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum nicht lösen. Während die Wohnbauentwicklung Neu-Ulms lange Zeit aufgrund der Auflösung des amerikanischen Militärstandorts Anfang der 1990er Jahren aus den umfangreichen Konversionsflächen zehren konnte, werden nun auch wieder verstärkt Außenbereichsflächen eingezogen.

Weil die Siedlungserweiterung aus Sicht der Stadtentwicklung mit dem großen Makel des Flächenverbrauchs, des Eingriffs in den Natur- und Landschaftsraum verbunden ist, sehen wir es umso mehr als Aufgabe, eine innovative, integrative Herangehensweise zu finden und zukunftsfähige Lösungen zu erarbeiten. Neben den klassischen Ansätzen wie flächensparender Bauweise sollen auch der Natur-/Klimaschutz und die Klimaanpassung adressiert werden. Im Zuge der städtebaulichen Planungen für das Neubaugebiet „Wohnen am Illerpark“ wurde daher ein Freiflächenkonzept mit integrierter Regenwasserbewirtschaftung erarbeitet, das auch eine Starkregenvorsorge beinhaltet. Die Ergebnisse und Grundüberlegungen aus diesem Konzept sind in den Bebauungsplan eingeflossen. Möglich gemacht werden solch innovative Lösungen durch eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten Personen. Was mit einem interdisziplinären Workshop innerhalb der Verwaltung begonnen hatte, unterstützt durch ein versiertes Planungsbüro, mündete im Abwasser-Innovationspreis 2020 des Freistaats Bayern. Das Konzept sieht vor, sämtliches oberflächig anfallendes Regenwasser über ein Rinnensystem in den zentralen Grünzug zu leiten und dort zurückzuhalten und zu versickern. Die offene Versickerung verbessert das Stadtklima und wirkt städtischen Wärmeinseln entgegen. Auch das anfallende Wasser der privaten Grundstücke soll über zentrale Anlagen in der Grünfuge bewirtschaftet werden. Durch die begrünten Dachflächen im Wohnquartier ist das Regenwasser bereits vorgereinigt und wird zum Teil bereits hier einer Verdunstung zugeführt. Für Starkregenereignisse werden zusätzliche Notwasserwege etabliert, die für erhöhte Überflutungssicherheit sorgen. Platzsparende Zwei-Leiter-Rohrsysteme minimieren die Material- und Aushubkosten. Folgende Vorteile beinhaltet die integrierte Herangehensweise:

  • Die Berücksichtigung der Klimaanpassung in der Bauleitplanung wird erleichtert.
  • Regenwassermanagement und -bewirtschaftung entlasten die Kanalisation und schonen die Ressource Wasser.
  • Auch bei Starkregenereignissen bewirkt die Geländegestaltung mit optimierten Höhen, Versickerungsflächen und Mulden im Sinne der Schwammstadt eine wirksame Entwässerung und Rückhaltung.
  • Die Rückhaltung und Versickerung des Niederschlagswassers begünstigen die lokale Verdunstung und die Evaporation durch Pflanzen und tragen zur Kühlung des Quartiers bei.
  • Naturnah gestaltete Flächen verringern den Aufwand zur Pflege der Freiräume.
  • Die Besonderheit des integrierten Konzeptes ist die synergetische Nutzung und Gestaltung der Freiflächen, d.h. eine Verbindung zwischen Spiel, technischem Bauwerk und naturnahen Flächen. Der Anspruch besteht darin, die Grünfuge jederzeit nutzbar zu halten, sowohl bei Regen als auch im trockenen Zustand.

Darüber hinaus werden in unseren neuen Stadtquartieren weitere Maßnahmen ergriffen, welche auf eine Wärmewende hinwirken sollen. In enger Zusammenarbeit mit den hiesigen Stadtwerken werden Versorgungskonzepte erarbeitet, um lokale Ressourcen zu nutzen und unmittelbar zur CO2-Einsparung beizutragen. Neueste Technologien sorgen am Illerpark mittels Grundwasser aus der Umgebung sowie Strom aus dem Wasserkraftwerk des Illerkanals für effiziente und umweltfreundliche Wärme. Neben der Raumheizung kann über das System auch eine Kühlung erfolgen. Eine Verbrennung findet am Standort nicht statt. Damit leistet das Konzept einen positiven Beitrag zur Klimaverbesserung und Luftreinhaltung. Weitere Eckpunkte der Quartiersversorgung wurden zugunsten der lokalen Stromerzeugung, der Digitalisierung und E-Mobilität beschlossen. Es sollen Photovoltaikanlagen auf den Wohngebäuden errichtet werden mit dem Ziel, die lokal gewonnene Energie vor Ort zu speichern. Weiterhin sind Vorkehrungen in den Wohnungen und Wohngebäuden für die digitale Messinfrastruktur, den Glasfaserausbau und das Lastenmanagement, das ein gleichzeitiges Aufladen von Elektrofahrzeugen in den Tiefgaragen ermöglicht, zu treffen. Dies soll die Digitalisierung und die E-Mobilität fördern.

Weil das Bauen bekanntlich nicht kostengünstiger wird, ist das Zwischenerwerbsmodell der Stadt Neu-Ulm, ähnlich wie in Ulm, ein ganz wesentlicher Baustein, um die Kosten für die Bauherren realistisch zu halten. Dadurch, dass die Stadt die Flächen vor ihrer städtebaulichen Entwicklung erwirbt, erhält sie sämtliche Möglichkeiten der

  • Steuerung wohnungspolitischer, gestalterischer und ökologischer Ziele
  • Dämpfung der Bodenpreise.

Damit liegt der Schwerpunkt der sozialgerechten Bodennutzung in Neu-Ulm automatisch in der Anwendung dieses Modells. Die Veräußerung der beplanten und erschlossenen Baugrundstücke erfolgt im Konzeptverfahren. Die Stadt Neu-Ulm entwickelt derzeit ihre Vorgehensweise der Grundstückszuteilung weiter, um die Qualität der ausgewählten Konzepte insbesondere im Hinblick auf Beiträge im gesellschaftlich-sozialen und wohnungspolitischen Sinne zu erhöhen. Ziel der Konzeptvergabe ist es vor dem aktuellen Hintergrund soweit als möglich sicherzustellen, dass ein großer Querschnitt der Wohnungssuchenden, d.h. vor allem auch aus den mittleren und niedrigen Einkommensgruppen oder mit anderen Einschränkungen bei der Suche auf dem Markt, mit Wohnraum versorgt werden können.

Die Herausforderungen der Stadtentwicklung u.a. im Hinblick auf die Wohnungsnachfrage und den Klimawandel sind in den vergangenen Jahren größer geworden. Gut beraten ist, wer von Anbeginn an vernetzten und vorausschauenden Denkansätzen und der Offenheit, Neues zu wagen, festhält. Wir sind es uns, unseren Nachkommen und unserer Umwelt schuldig, uns weiterhin ambitionierte Ziele zu setzen und am Ball zu bleiben.

Katrin Albsteiger
Oberbürgermeisterin Neu-Ulm