Stadtentwicklung in Mannheim 2022

Dr. Peter Kurz
Oberbürgermeister Stadt Mannheim
© Stadt Mannheim

Der globale Klimawandel stellt eine existentielle Bedrohung unserer Lebensgrundlagen dar und eine dramatische Reduzierung der CO2-Emissionen sowie Einhaltung eines errechneten Restbudgets ist nach allen wissenschaftlichen Studien zwingend. Dabei ist eine der größten Herausforderungen die Reduktion in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Da schon die Infrastruktur für regenerative Energien die Restbudgets aufbrauchen, müsste der Neubau von Gebäuden drastisch reduziert werden, um den Klimazielen gerecht werden zu können – oder es gelingt, dass Baustoffe selbst als CO2-Senken wirken. Zugleich sind wir gezwungen, den Landschaftsverbrauch um-fassend einzuschränken.

Dies alles trifft uns in einer Zeit, in der wir als wachsende Stadt vor der Aufgabe stehen, Wohn- und Arbeitsraum für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu schaffen. Auch müssen wir die soziale Infrastruktur von den Kindertagesstätten über Schulen bis hin zu Sport- und Kultureinrichtungen ausbauen. Da derzeitige Standards den Ressourcenbedarf beim Bauen erhöhen und nicht senken – und das zumeist gerade unter Vorgaben des Klimaschutzes(!) – stellt dies unsere Stadtgesell-schaft vor ein Dilemma.

Wir haben uns als Stadt trotz dieser Ausgangslage bewusst dafür entschieden, eine der 100 Climate Neutral Citites by 2030 zu werden. Als Trägerin der Planungshoheit aber auch als Bauherrin versucht die Stadt Mannheim diesem Anspruch gerecht zu werden.

Auf der Ebene der Stadtplanung setzen wir konsequent auf Innenentwicklung und Nachverdichtung. Höhere bauliche Dichten, die dann auch zu einer höheren Bewohnerdichte führen, stabilisieren die vorhandene, in den Quartieren integrierte Infrastruktur, vermeiden neue Erschließungen im Außenbereich und schaffen häufig erst die Grundlage für einen wirtschaftlichen Betrieb des ÖPNV. Verdichtete urbane und gemischte Quartiere mit gut erreichbarem ÖPNV sind dabei auch eine Voraussetzung für die Verkehrswende auf lokaler Ebene. Diese Nachverdichtung muss einhergehen mit einer Qualifizierung von Grünflächen und der Entsiegelung von Flächen, um die stadtklimatischen Auswirkungen zu minimieren oder auszugleichen.

Im Hinblick auf den Gebäudebestand werden wir uns in Zukunft konsequent dem Erhalt und der Sanierung bestehender Gebäude widmen. Der Umbau von Gebäuden stellt besondere Herausforderungen und ist häufig schwieriger zu steuern als der Neubau. Die immer detaillierteren Normen und Regelungen erschweren hier einen vernünftigen und pragmatischen Umgang mit Bestandsgebäuden. Gleichzeitig konterkariert es jedoch all unsere Bemühungen, Gebäude in immer kürzeren Zyklen abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Die kurzfristigen Lebenszyklen mancher Gewerbebauten stehen dabei im krassen Kontrast zu Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, die zwar nicht den heutigen Normen entsprechen, von den Nutzern und der Bevölkerung aber häufig als identitätsstiftende Bauten und kulturelles Erbe gewürdigt werden.

Bei der konkreten Gebäudeplanung können wir gerade als öffentliche Hand vorangehen und z.B. Holzbauten als klimafreundlichere Alternative fördern und etablieren. Wir bauen derzeit als Stadt mehrere Schulen und Kindertagesstätten in Holz- oder Holz-Hybridbauweise und haben auf den durch uns entwickelten Konversionsflächen aktuell zahlreiche Grundstücke für Holzbauten zur Verfügung gestellt. Die nächsten Jahre werden im Bereich des Holzbaus erhebliche Innovationen hervorbringen.

Schließlich legen wir als Stadt in besonderem Maße Wert auf herausragende Architektur, die wir durch Wettbewerbsverfahren und unseren Gestaltungsbeirat fördern. Gute Architektur ist vermutlich der beste Garant für eine möglichst lange Nutzung von Gebäuden. Die klimaschädlichsten Bauten sind jene, die nach nur 30 bis 40 Jahren abgerissen werden. Eine zusätzliche, besondere Herausforderung liegt dabei darin, einen angemessenen Anteil an bezahlbarem Wohnraum zu garantieren. Mit der bereits 2018 beschlossenen 30 %-Quote wird für den überwiegenden Teil der Neubauvorhaben sichergestellt, dass dieser Anteil an Wohnraum auch langfristig unterhalb der marktüblichen Mieten zur Verfügung steht.

Unsere Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit lautet damit: Bestehende Quartiere stärken, Bauten ökologisch sanieren und umbauen, Neubauten mit klimafreundlichen Materialien realisieren, die Produktion nachhaltiger Baustoffe fördern und das alles mit hohem städtebaulichen und architektonischen Anspruch.

Ich hoffe, die Beispiele in dieser Zeitschrift geben Ihnen einen Einblick in unser Handeln. Gerne können Sie sich aber auch selbst von unserem Mannheimer Weg überzeugen. Ich lade Sie herzlich ein, sich über diese Zeitschrift hinaus unsere Bundesgartenschau und die neu entstehenden Quartiere anzusehen.

Dr. Peter Kurz
Oberbürgermeister der Stadt Mannheim